Ambulante Pflege im TV - "Die Pflegionärin"
Bildrechte (Bild rechts: MDR/Cross Media/Christian Riebe)
Derzeit und noch bis Ende September 2022 ist in der MDR-Mediathek die Mini-Serie „Die Pflegionärin“ zu sehen. Darin geht es um die ambulante Pflegefachkraft Caro, die ihre verschiedenen Kund*innen im ländlichen Bereich versorgt.
In einem Mix aus schauspielerischer Darstellung und direkter, erklärender Zuschaueransprache werden einzelne Geschichten aus der ambulanten Pflege erzählt. In fünf Episoden à ca. 10 Minuten geht es sowohl um ernste Probleme wie die Versorgungssituation zu Hause mit dem Hintergrund der Überforderung und falsch verstandener Fürsorge der Angehörigen, um die Akzeptanz der körperlichen (Un-)Fähigkeit als auch um fröhliche Situationen wie Nähe und Freundschaft zwischen Patienten und Pflegepersonal.
„Im Fokus stehen die skurrilen, dramatischen, aufreibenden aber auch lustigen Alltags-Abenteuer der ambulanten Pflegekraft Caro Lacher aus dem Ilm-Kreis.“ Beschreibt der MDR die Serie. (Quelle: www.mdr.de). Die Serie soll das Pflegethema auf unterhaltsame Weise alltagstauglich machen und aus der Unsichtbarkeit holen, wird weiter benannt. Die Drehbuchautorin und Regisseurin der Serie Judith Bonesky hatte selbst Pflegesituationen in der Familie. Ihr war wichtig, „den Pflegenotstand, heißt die Arbeitsbedingungen in der ambulanten Pflege wie Personalmangel, Materialknappheit, Geldnot, Zeitnot und fehlende Wertschätzung zu thematisieren.“
Das ist nicht selbstverständlich, wenn es um die Darstellung der Pflege in den Medien geht. Bereits vor über 20 Jahren habe ich im Rahmen meiner Pflege-Ausbildung ein Referat zum Thema „Darstellung des Krankenpflegeberufs in den Medien“ gehalten. Damals war „Schwester Stephanie“ sowohl im Operationssaal, auf der Wöchnerinnen-Station als auch auf allen anderen Stationen des örtlichen Krankenhauses tätig, obwohl sie weder als Springer noch als Mitarbeiterin einer Zeitarbeitsfirma tätig war. Sie mischte sich ungefragt in die Familienangelegenheiten ihrer Patient*innen ein und schien nicht auf gesetzliche Arbeitszeitvorschriften achten zu müssen. Ihre Vorgesetzen auch nicht. In wie fern sie sich richtlinienkonform die Hände desinfiziert hat, kann ich heute nicht mehr sagen, ist mir aber damals nicht so wohlwollend aufgefallen wie in der „Pflegionärin.“ - Ja, Pflegekräfte desinfizieren sich ständig die Hände.
Noch etwas fiel mir bei der „Pflegionärin“ bei aller Praxisnähe und Sympathie deutlich auf: Zum Beginn des ambulanten Einsatzes stellt Caro jeweils eine Eieruhr und sagt: „Ich habe nur 8 Minuten pro Einsatz.“ Unabhängig davon, welche Leistungen sie erbringt bzw. ohne nähere Erklärung. Sicherlich soll diese Szene ganz deutlich machen, unter welchem Zeitdruck die professionellen Pflegekräfte stehen. Die Aussage, pro Einsatz stünden jeweils nur acht Minuten zur Verfügung ist jedoch schlichtweg falsch. Es bringt mich aber dazu einen Artikel über die Zeit- und Kostenkalkulation in der ambulanten Pflege zu schreiben (Artikel folgt).
Ungeachtet dessen wäre es schön, weitere Folgen zu sehen. Soweit ich recherchiert habe, ist die Serie allerdings nur online zu sehen. Das Ziel, das Thema ambulante Pflege und Pflegenotstand mehr in die Gesellschaft und in den Alltag zu tragen, wird durch eine Streaming-Serie nur schwerlich erreicht. Der Serie sei eine gute Sendezeit und rege Medienaufmerksamkeit gewünscht. Sicherlich fühlen sich nicht nur Pflegebedürftige und deren Angehörige verstanden, sondern auch viele Pflegekräfte und an der Pflege Beteiligte. Es gibt jede Menge berührende, aufregende, nachdenkliche, skandalöse und erzählenswerte Geschichten zu erzählen – also genügend Stoff für eine zweite Staffel!
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