Braucht eine alternde Gesellschaft spezielle Seniorenfachgeschäfte?
Dabei hören wir seit langem von vielen Stellen (Medien, öffentliche Bundesämter usw.), dass die Zahl der Senior:innen und pflegebedürftigen Menschen immer weiter ansteigt. Zeitgleich gibt ganz wunderbare Artikel, die derzeit nur wenigen Menschen gekannt und genutzt werden. Außerdem kann mit einem entsprechend modernem Ambiente dem verstaubten Image von einigen Seniorenprodukten und der entsprechenden Verweigerung zur Nutzung der Garaus gemacht werden.
Bild von Rainer Thrainer auf pixabay
Umfangreiche Sortimentauswahl
Angehörige, Pflegeberater:innen und Menschen mit dem Zugang zu Senior:innen wissen, dass es durchaus eine Kluft zwischen der Notwendigkeit (z. B. Nutzung eines Gehstocks) und der tatsächlichen Nutzung gibt. Gleiches gilt für Einkaufstaschen statt eines Einkaufstrollys oder anderen Produkten, die das Leben leichter machen würden.
Für Senioren könnte das Sortiment von speziellen Alltagshilfen zum Öffnen von Verschlüssen bis hin zu sprechende Uhren, elektrisch verstellbaren Betten, Dosenöffner, Beschäftigungsartikel, Schuhe und seniorengerechte Tablets inklusive Einsteigerkurs reichen. Ich sehe es schon vor mir: auf vier Etagen finden Sie alles für Menschen der dritten Generation. Sehen, Anfassen und ausprobieren - anschließend glücklich nach Hause gehen.
Häufig findet man doch erst beim Bummel durch das Geschäft Produkte, die man zuvor gar nicht kannte. Für des Seniors besten vierbeinigen Freund im ebenfalls fortgeschrittenen Alter, gäbe es auch entsprechende Artikel: ich denke da an reflektierende Hundegeschirre und Regenponchos oder eine Rampe für das Katzenklo.
Umfassender Service und Beratung
In einem separaten Beratungsraum könnte bei einem Getränk über die Anwendung des Produkts gesprochen werden. Gute Raumakustik (vielleicht sogar Induktionsschleife), entsprechende Beleuchtung und bequeme Sitzmöglichkeiten setze ich voraus. Ebenso eine barrierefreie Kundentoilette und barrierefrei zugängliche Parkplätze, alternativ die Möglichkeit ein Taxi gerufen zu bekommen.
Die Kunden könnten anhand eines Fragebogens (Assessment) erkennen, wo Bedarf an entsprechenden Produkten besteht. Das hätte etwas von einem prophylaktischen Beratungsgespräch (gerne auch ein alternativer Arbeitsplatz für Pflegeberater:innen). Die Entscheidung zur Anschaffung liegt natürlich beim Kunden selbst!
Solche Spezialgeschäfte für Senioren könnten durch Service und gute Sortimentsauswahl für eine große Anzahl an Menschen sehr hilfreich sein. Beim individuellen Verkaufsgespräch wird der Umgang mit den entsprechenden Artikeln seniorengerecht erklärt. Falls die Gebrauchsanleitung nicht senioren- oder behindertengerecht ist, könnte der/ die Inhaber:in sie entsprechend anpassen. Dieser Service soll gar nicht umsonst sein – im Küchenstudio beispielsweise erhält man die Planungszeichnung auch nicht kostenfrei, um dann woanders billiger die Schränke zu kaufen.
Den Kunden muss schon klar sein, dass Service-haben-wollen, dann aber im-Internet-kaufen solche Geschäfte weder entstehen noch leben lassen. Deshalb muss beispielsweise für die entsprechend angepasste (verständliche und ausreichend großgedruckte) Gebrauchsanleitung etwas dazugezahlt werden, dafür besteht aber die Möglichkeit bei Bedarf selbst nachzusehen und nicht am Sonntagabend die Angehörigen anrufen zu müssen, weil die Fernbedienung nicht mehr geht bzw. der Fernseher verstellt ist. Übrigens ist dies auch ein Hinweis an die Hersteller, kunden- und seniorenorientierte Gebrauchsanweisungen sowie einfach zu öffnende Verpackungen bereitzustellen.
Lokale Vernetzung gegen Einsamkeit
Für Angehörige ist es meist mühevoll passende Geschenke für Senior:innen zu finden. Kein Problem mehr mit einer reichen Auswahl an hilfreichen Alltagsgadgets oder einem Gutschein. Ähnlich wie ein Hochzeitstisch könnte es Geburtstagstische zum (runden) Geburtstag geben, wo die Gäste die entsprechenden Geschenke kaufen. Weit entfernt wohnende Angehörige könnten dann den kundeneigenen Telefon- und Internetservice nutzen.
Vor Weihnachten gäbe es einen Spendenbaum für den lokalen Seniorenkreis oder das Tierheim, vielleicht auch eine Vermittlung von Patenschaften, einer Telefonkette und vielem mehr gegen die Einsamkeit im Alter. Wie wäre es mit Kooperationen mit dem lokalen Konditor für eine zuckerarme seniorengerechte Pralinenkreation? Oder der örtliche Metzger (Fleischer), der ein Wurstpaket zusammenstellt aus Konserven und kleinen Portionen seines Angebots? Der Geschenke-Service kann auch in die andere Richtung genutzt werden: Senior:innen versenden lokale Geschenke an Ihre Verwandten und Angehörigen organisiert und bereitgestellt durch das Seniorenkaufhaus. Sie sehen, ich verliere mich gerade ein bißchen im Detail.
Kriterien an seniorengerechte Alltagsgegenstände
Der Vorteil eines solchen Seniorenfachgeschäfts wäre die professionelle Vorauswahl der entsprechenden Artikel. Wer sich mit der Thematik von seniorengerechten Alltagsgegenständen nicht befasst, weiß gar nicht, auf was man alles achten sollte. Lassen Sie mich Ihnen deshalb einige Punkte nennen, die bei Gegenständen für Senioren oder Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen zu beachten sind (übrigends können solche Geräte auch von allen anderen Menschen bedient und genutzt werden):
- Ausreichend große, leicht zu bedienende und beleuchtete Bedienknöpfe (Zwei-Sinne-Prinzip, d. h. haptisch-optisch oder optisch-akustische Signale)
- Abschaltautomatik
- Restlaufzeit-Anzeige oder Anzeige, in welchem Stadium
- Türöffnungssperre bei laufendem Betrieb (z. B. Eierkocher, Multizerkleinerer)
- Weniger ist mehr – Ein Gerät für eine Nutzung (die elektrische Zahnbürste muss nicht noch Musik spielen können)
- Fester Stand
Meine Antwort auf die Titelfrage steht fest: Ja, ich bin der Meinung, wir brauchen solche speziellen Seniorenfachgeschäfte. Nach diesem Artikel warte ich nun auf die erste Einladung zur Eröffnung eines Seniorenkaufhauses und freue mich auf mehr Inklusion und Lebensqualität für alle Beteiligten.
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