Sonja Fröse

Fachautorin für Pflege

Vorteile von Brett- und Gesellschaftsspielen in der Langzeitpflege nutzen

Vorteile von Brett- und Gesellschaftsspielen in der Langzeitpflege nutzen

Die Regeln von bestimmten Brettspielen sind vielen Menschen mit (fortgeschrittener) Demenz weitgehendst bekannt. Auch Menschen, die sie seit vielen Jahren keine Spiele mehr gespielt haben sind sich den Spielregeln häufig bewusst. Manchmal bestehen kleine Unsicherheiten beim Zählen oder bei der Laufrichtung der Spielfiguren, aber spätestens während des Spielens kommt das alte Wissen über die Regeln zurück. Die Freude am gemeinsamen Spiel überwiegt häufig dem Wunsch gewinnen zu wollen. Manch‘ pflegebedürftige Person kann da eine richtige Leidenschaft und Ausdauer entwickeln!

Brett- und Gesellschaftsspiele können im Bett liegend und im Rollstuhl sitzend gespielt werden, körperliche Beeinträchtigungen sind bei den meisten Spielen zweitrangig. Wer schlecht hört, dem können Dinge gezeigt werden; wer schlecht sieht, kann meist mit größeren Spielkarten und -figuren doch am Spiel teilnehmen. Die Auswahl an Spielen und auch an Hilfsmitteln für Spiele ist groß.

Gemeinschaftssinn, Fairness und Ehrgeiz

Brett- und Gesellschaftsspiele sind definitiv nicht nur für Kinder und Jugendliche geeignet, wenn es darum geht, persönliche Fähigkeiten zu trainieren. Auf den meisten Verpackungen von Spielen steht daher auch die Altersangabe von x bis 99 Jahren bzw. einfach x+ Jahre ohne Altersbegrenzung!

Spiele fördern die Teamfähigkeit bzw. den Gemeinschaftssinn – wichtig bei kleinen Wohngruppen, wo es hin und wieder auch mal zu Reibereien kommt. Gemeinsames spielen fördert die Fairness, das kreative und strategische Denken und die manuelle Geschicklichkeit im Umgang mit den unterschiedlichen Spielfiguren und -karten oder -steinen.

Zeitgleich fördert gemeinsames spielen den Wunsch zu gewinnen und damit einen gewissen Ehrgeiz. Wer von sich aus eine konkurrierende Persönlichkeit hat, kann diese im Spiel ausleben.

Kommunikations- und Gemeinschaftsförderung

Wer gemeinsam spielt, kommt ins Gespräch. Introvertierten Menschen, aber auch welche mit Sprech- und Verständnisschwierigkeiten fällt es häufig schwer, Kontakte zu knüpfen. Viele Spiele bedürfen nur wenig Erklärung. Und wenn das Eis erstmal gebrochen ist, dann lässt es sich während und zwischen den Spielrunden über alles Mögliche sprechen.

Für die einzelnen Spiele können sich immer wieder neue Paare und Gruppen bilden, oder es finden sich regelmäßige feste Gruppen für den wöchentlichen Aktivitätsplan unter der Voraussetzung, dass auch neue Mitspieler aufgenommen werden.

Gemütlichkeit und Komfort

Spielenachmittage, ob nun geplant oder spontan, können durch kleine Snacks und Getränke und eine heimelige Atmosphäre mit bequemen Sitzgelegenheiten und passender Beleuchtung aufgewertet werden.

Hilfsmittel wie gut zu greifende Würfelbecher, kontrastfarbige Unterlagen oder eine Kartenhalte-Hilfe gleichen körperliche Einschränkungen aus und erhöhen so die Spielfreude.

Schön ist es auch, wenn die Möglichkeit für Mitbewohner, Mitarbeiter oder Besucher besteht, beim Spiel mitzumachen oder zumindest als passiver Zuschauer dem Verlauf der Spiele zu folgen.

Gewinne und Preisverleihung

Bei manchen Spielen oder gar im Zuge eines Spielturniers sind kleine oder größere Preise sicher ein netter Anreiz. Dabei ist es meist egal, ob es sich um sinnvolle Geschenke wie eine Packung Taschentücher oder eine Handcreme handelt oder etwas Leckeres wie Schokolade oder Käse-Stangen. Meist ist es gar nicht der Preis selbst, der zählt, sondern die Preisverleihung, die entsprechend zelebriert werden sollte.

Eine Tafel mit dem höchsten Punktestand spornt vielleicht für das nächste Mal an, diesen Rekord zu brechen.

 

Spiele-Bibliothek

Nicht jede*r ist ein Fan von einem ganz speziellen Gesellschafts- oder Brettspiel. Daher gilt es für Abwechslung zu sorgen und die unterschiedlichen Fähigkeiten, die durch jedes Spiel angesprochen werden, genüge zu tragen. Wer Würfelspiele nicht mag, kommt vielleicht mit Kartenspielen besser zurecht. Neben den klassischen Brettspielen wie Mühle, Dame und „Mensch-ärgere-Dich-nicht“ (auch als Ludo bekannt) sind auch Rummykub, Domino, Malefiz und Halma für kleine Spielgruppen gut geeignet. Die meisten Gesellschaftsspiele gibt es in speziellen Ausführungen für Senioren mit größeren Spielfiguren oder als Edelvariante mit Spielfiguren aus Holz statt aus Plastik. 

Ähnlich einer Bibliothek ist es für Spielfreunde erfreulich sich aus einer gut gepflegten Spiele-Bibliothek bedienen zu können. Das bedeutet einerseits die Auswahl an unterschiedlichen geeigneten Spielen, andererseits dass die Spiele vollständig und gut erhalten sind. Lagern Sie deshalb die Spiele in den Originalboxen oder zumindest in einem geschlossenen Behältnis, um es vor Feuchtigkeit und Staub zu schützen und davor, dass einzelne kleine Teile verschwinden.

Spiele wie „Carcassonne“ oder „Splendor“ gehören zu den neuen Klassikern. Die Grundregeln sind einfach. Durch zusätzliche Spielergänzungen im Falle von „Carcassonne“ können die Regeln allerdings verkompliziert werden – das bedeutet mehr Punkte und immer wieder neue Herausforderungen.

Backgammon ist ein Spiel für zwei Spieler, das über 5000 Jahre alt sein soll. Die hellen und dunklen Spielsteine müssen von einer Seite des Feldes auf das andere gelangen, dazu wird gewürfelt. Es bedarf ein bißchen der Zählkunst und Würfelglück.

Scrabble, Monopoly und Trivial Pursuit sind ebenfalls klassische Gesellschaftsspiele, die im Laufe eines Lebens sicher jeder schon einmal gespielt hat. Von diesen Spielen gibt es häufig auch Sondereditionen, die sich aber in der Spielweise nicht vom Original unterscheiden. Wer bisher eines dieser Spiele noch nicht gespielt haben sollte, dann wird es nun Zeit!

Ein-Personen-Spiele

Ist mal kein Mitspieler aufzutreiben, gibt es einige Spiele, die man prima alleine spielen kann. So ist zum Beispiel puzzeln eine schöne Art des Ein-Personen-Spiels, auch wenn sich mehrere Menschen zu unterschiedlichen Zeiten an einem Puzzle beteiligen. Dann sind nämlich auch größere Motive bzw. Puzzle mit einer höheren Anzahl an Puzzleteilen möglich.

Das Spiel „Coffee Roaster“ ist explizit nur für einen Spieler konzipiert. Andere Spiele wie „Parks“ oder „Newton“ sind mit einer bis mehrere Personen spielbar.

Memory oder Scrabble können alleine gespielt werden und dann hat es auch gleich eine Art „Trainingseffekt“. Eifrige Scrabble-Spieler haben extra ein Wörterbuch zur Überprüfung außergewöhnlicher Wörter.

Online- und Computerspiele für Senioren

Dies bedarf einen eigenen Blogartikel, denn der Markt boomt. Wer bereits online ist und die vielen Möglichkeiten von Onlinespielen entdeckt hat, hat sicher auch schon einen Favoriten oder sogar mehrere. Schließlich gibt es die Möglichkeit klassische Spiele gegen reale Spielgegner zu spielen, oder Spiele wie „Farmerama“ oder „Candy Crash“ – Spiele mit endlos vielen Leveln und in denen einen Bekannte oder andere Mitspieler Leben schenken können.

Spielekonsolen für den gemeinsamen Spaß am Rudern, Kegeln oder anderen Balance- und Geschicklichkeitsspielen haben längst Einzug in einzelne Senioren- und Pflegeheime gehalten und ergänzen dort das Aktivitätsprogramm.

Fühlen und Erinnern

Erinnerungen, die mit (starken) Gefühlen in Verbindung gebracht werden, bleiben eher im Gedächtnis. siehe www.dasgehirn.info

Und selbst wenn bei einer Demenz das Spiel nach wenigen Minuten oder Augenblicken schon wieder vergessen ist, dann hat der Mensch hoffentlich während des Spiels eine gute Zeit gehabt.    

Resümee

Es kann gar nicht genug gespielt werden! Sehen Sie sich um, welche Spiele es auf dem Markt gibt und vergnügen Sie sich zusammen mit den Bewohnern, Senior*innen und Kolleg*innen mit den unterschiedlichen Brett- und Gesellschaftsspielen. Das fördert die Stimmung (auch wenn man nicht gewinnt) und das Miteinander. Vielleicht entdecken Sie neue Eigenschaften und Fähigkeiten an Ihnen selbst und dem Gegenüber.  

Seit ca. fünf Jahren spiele ich wieder regelmäßig Brett- und Gesellschaftsspiele und bin über die Entwicklung dieser Branche verblüfft. Umso mehr neue Spiele ich kennenlerne, desto einfacher können bestimmte Strategien auf andere Spiele übertragen werden.

Interne Regelungen bezüglich Wartezeiten, Umgang mit Schummeleien, Auf- und Abbau ergeben sich dann von ganz alleine.

Ich wünsche Ihnen viel (Spiel-)Freude!

 

 

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